Geologischer Abriß der Lagerstätte Johanngeorgenstadt
Die hydrothermale, polymetallische Gangerzlagerstätte Johanngeorgenstadt befindet sich im Südwesten der Fichtelgebirgisch-Erzgebirgischen Antiklinalzone im Bereich der Südvogtländisch-Westerzgebirgischen Querzone am Westrand des Eibenstocker Granitplutons.
Die lagerstättenführenden Bereiche sitzen vorwiegend in einer Scholle aus kontaktmetamorphen Gesteinen, wie Andalusitglimmerschiefern und Andalusitglimmerhornfelsen. Der Metamorphosegrad der Gesteine wechselt oft auf kurze Entfernungen stark und reicht bis zu nahezu unveränderten Quarzphylliten. Die Scholle ist an zwei bedeutenden Randstörungen, dem sog. Irrgänger Zug im Nordosten und dem sog. Rehhübler Zug im Südwesten, in das Dach des Eibenstocker Granites eingesunken und so von der Erosion weitgehend verschont geblieben. Die Struktur wird oft als Johanngeorgenstädter Graben bezeichnet.
Als petrographische Besonderheit treten einige Amphibolithe auf, die besonders im Schachtgebiet 164 (Stolln 168) der SDAG Wismut aufgeschlossen waren (Rabenberg). Die Kontaktmetamorphite des Quarzphyllites fallen flach nach Nordosten ein. Die Edukte waren pelitisch-psammitische Sedimente des Kambriums und Ordoviciums. In die Gesteine sind unterschiedliche Mengen Quarz (gemeiner Quarz) als Lagen, Linsen und Knauern unterschiedlicher Mächtigkeit schieferungsparallel eingelagert. Teilweise treten auch stratiforme Sulfidlagen auf. Die in der Literatur als "Kieslager" bezeichneten Konzentrationen bestehen aus Pyrrhothin und Pyrit. Teilweise tritt Pyrit in Konkretionen (3-8 cm Durchmesser) in einer Pyrrhothingrundmasse auf.
Die Grabenstruktur ist 3-4 km breit und bis zu 15 km lang (SE-NW). Die Gänge erstrecken sich bis in den in 200-350 m Tiefe lagernden Eibenstocker Granit. Im Granit selbst sind sie steril oder vertauben bald. Entsprechend den Hauptstreichrichtungen werden allgemein drei Gangsysteme unterschieden
Hercynes Gangsystem NW-SE
Variscisches (erzgebirgisches) Gangsystem NE-SW
Gangsystem mit Streichen vorwiegend E-W
Die streichende Länge der Gänge ist unterschiedlich, scheint jedoch systemgebunden. Hercyne Gänge streichen bis 4 km, variscische Gänge erreichen maximal 1 km, Ost-West-Gänge streichen kaum 500 m. Die Gangmächtigkeiten schwanken in weiten Bereichen und liegen im Durchschnitt bei 5-20 cm, in Ausnahmefällen bei 50-200 cm. Alle Gänge des Gebietes neigen zur Zertrümerung. Oft treten Diagonalspalten zwischen den Gängen auf. Trümerzonen sind häufig. Insgesamt ergibt das Gangnetz der Lagerstätte ein sehr kompliziertes Bild. Das beweisen auch neuere tektonische Arbeiten (HERET 1993). Hinzu kommt eine starke Absetzigkeit der Vererzung auf den einzelnen Gängen. Eine Vielzahl von Klüften verschiedener Streichrichtungen komplizieren das Gesamtbild weiter. Die Gangspalten wurden in der Mehrzahl postgranitisch angelegt und mineralisiert. Das tektonische Gesamtbild der Lagerstätte wird weiter kompliziert durch die Nähe zur tektonisch aktiven Erzgebirgssüdrandzone. Während der tertiären Hebung der Erzgebirgsscholle kam es zur Durchbewegung und Neubelebung der Gangspalten. Der Mineralinhalt wurde zerrissen und teilweise umgelagert. Weiterhin treten besonders in den Randbereichen der Grabenstruktur prägranitische Spalten auf. Aufgrund der starken Durchbewegung des Gesteins stellen sie ausgedehnte Ruschelzonen dar und wurden von den Bergleuten als sog. "Fäulen" bezeichnet, da ihre Erzführung sehr gering war. Sie erreichen Mächtigkeiten bis 30 m und Verwerfungsbeträge im Bereich von einigen Metern bis Dekametern. Die Erzgänge zerschlagen sich in den Ruschelzonen und sind damit wahrscheinlich wesentlich jünger.
Die Mineralisation der Lagerstätte begann mit pegmatitischen Bildungen, die als Erzmineral hauptsächlich Cassiterit (Zinnstein) führen. Ihnen folgen Pneumatolyte mit Cassiterit und Turmalin ("Schörl"). Die weitaus bedeutendere hydrothermale Abfolge beginnt mit einer typischen kiesig-blendigen (kb) Mineralisation. Als Erzminerale treten Sphalerit (Zinkblende), wenig Galenit (Bleiglanz, silberhaltig), Chalcopyrit (Kupferkies), Arsenopyrit (Arsenkies) und Pyrit auf. Hauptgangart ist Quarz. Darauf folgen Abscheidungen mit hornsteinartigem Quarz und Hämatit (Roteisen). Diese Mineralisation ist besonders auf den hercynen Parallelspalten des Grabenrandes verbreitet und war lange Zeit Grundlage des Eisenbergbaues im Gebiet. In der sich anschließenden Hämatit- Baryt- (Schwerspat) Folge tritt neben wenig Fluorit (Flußspat) in erheblichen Mengen Uranpechblende auf. Die Uranerze sind überwiegend an hercyne Gänge, gelegentlich auch an Ost-West-Gänge gebunden. Varscische Spalten sind uranerzfrei. Besonders im Altstadtgebiet von Johanngeorgenstadt setzen viele geringmächtige Gänge auf, die sich zu Trümerzonen vereinigen und fast ausschließlich Uranpechblende führen (sog. "Spattrümer"). Die Uranpechblende setzt besonders in einem Bereich auf, in welchem das Nebengestein stark mit Pyrit imprägniert ist. Dadurch wird wahrscheinlich, daß die geochemischen Verhältnisse im Nebengestein einen wesentlichen Einfluß auf die Fällung von Uranmineralen ausgeübt haben. Weiterhin verbreitet ist die BiCoNi(AgU)-Formation mit verschiedenen Mineralen dieser Elemente in wechselnden Mengen. Besonders bemerkenswert ist eine deutliche Nickelarmut im Vergleich zu anderen Lagerstätten des Erzgebirges (z.B. Schneeberg, Annaberg). In der Lagerstätte sind primäre Teufenunterschiede wenig ausgeprägt. Lediglich der Silbergehalt der Gänge nimmt nach der Teufe hin ab, der Urangehalt dagegen zu. Wesentlich bedeutungsvoller sind die Verhältnisse in der Oxydationszone. Sie ist über die gesamte Lagerstätte verbreitet und reicht relativ weit unter die Talsohle des Schwarzwassers. Die Mineralisation in der Oxydationszone ist flächenhaft verbreitet. Silber tritt in gediegener Form sowie in Form von Silberhalogeniden auf. Wismut blieb in verschiedenen Mineralen erhalten, während Nickel und zum Teil auch Kobalt abgeführt wurden. Von Bedeutung sind auch die sekundären Uranminerale, welche teilweise in größeren Mengen vorkamen. Zu nennen sind hauptsächlich zersetzte Uranpechblende (sog. "Mulmerz"), Uranopilit (Uranocker) sowie verschiedene Uranglimmer (z.B. Autunit, Torbernit). Bis heute sind die Verhältnisse in der Oxydationszone, besonders bei den Uranmineralen, nicht völlig geklärt.
Die Johanngeorgenstädter Erzlagerstätte wurde über 300 Jahre, vom 17. Jahrhundert bis 1958, intensiv bebaut.
Dieser Beitrag ist dem Betriebsplan für den Besucher-, Gruben- und Lehrbetrieb im Lehr- & Schaubergwerk Frisch Glück ("Glöckl") entnommen. Derzeitiger Betreiber ist die Bergknappschaft Johanngeorgenstadt e.V. Ohne die Zustimmung des Vereins darf dieser Beitrag, auch in Auszügen, nicht weiterverwendet werden!